Nachdem es in meinem Blog seit längerer Zeit recht ruhig war, möchte ich Ihnen heute Milanote vorstellen.
Bei Milanote handelt es sich um eine Mischung aus Notizenverwaltung und digitalem Whiteboard – also um eine ideale Spielwiese für Schriftsteller, Blogger und andere Kreative, die gerne ihre Ideen sammeln, sortieren und strukturieren wollen.
Ich liebe Whiteboards und Pinnwände, um Bücher und andere Projekte zu planen. Ob bunte Post-it-Zettel, unterschiedlichfarbige Karteikarten oder handschriftliche, mit Pfeilen und Kringeln verbundene Notizen auf dem Whiteboard – nichts lädt so sehr dazu ein, sich kreativ auszutoben, wie eine große, freie und ohne Restriktionen nutzbare Fläche.
Das digitale Whiteboard
Natürlich bietet es sich an, das Konzept eines Whiteboards auf den PC zu übertragen. Ein echtes Whiteboard hat (genau wie eine riesige Pinnwand) nicht nur den Nachteil, dass man sie schlecht an einen anderen Ort mitnehmen kann, sondern auch den des begrenzten Platzes. Will man ein neues Projekt planen, muss man erst alle Zettel und Notizen der letzten Planung wegwischen bzw. abhängen. Und ganz ehrlich: ich kenne keinen Schriftsteller, der stets nur an einem einzigen Projekt arbeitet und erst dann mit der Planung eines neues Projekts beginnt, wenn er das alte abgeschlossen und veröffentlicht hat.
Was liegt also näher als ein digitales Whiteboard am PC – ein kreatives Multiversum aus einer Vielzahl von Boards für unterschiedlichste Projekte, die alle parallel zueinander existieren und zwischen denen man mit einem simplen Mausklick hin und her wechseln kann?
Die Idee des digitalen Whiteboard ist natürlich nicht neu. Diverse Hersteller wie Microsoft bieten teils sogar kostenlose Whiteboard-Programme wie „Microsoft Whiteboard“ an, die allerdings mehr auf gemeinsames Brainstormen innerhalb von Teams-Besprechungen als auf den kreativen Planungsprozess eines Schriftstellers ausgerichtet sind.
An dieser Stelle kommt Milanote ins Spiel. Auch wenn es durchaus möglich ist, in Milanote mit mehreren Personen gleichzeitig an einem Board zu arbeiten (hierzu später mehr) steht diese Funktionalität dennoch nicht im Mittelpunkt.
Stattdessen liegt der Fokus bei Milanote auf dem Sammeln und freien Anordnen von Notizen, Bildern und Weblinks.
Erinnert das nicht an Scapple?
Nicht umsonst erinnert diese Kurzbeschreibung ein wenig an „Scapple“ von den Scrivener-Machern bei Literature & Latte. Genau wie bei Milanote kann man auch hier Notizen auf einem virtuellen Whiteboard frei anordnen, diese mit Pfeilen verbinden und das Whiteboard bei Bedarf beliebig ein- und auszoomen.
Doch damit enden auch schon die Ähnlichkeiten, denn im direkten Vergleich bietet Milanote deutlich mehr Design- und Layoutmöglichkeiten als Scapple.
Grafisches Planen mit Milanote
Bei Milanote können Sie Notizen, Bilder, Weblinks etc. einfach auf das digitale Whiteboard ziehen und dort nach Belieben anordnen.
Sehr praktisch in diesem Zusammenhang sind die sogenannten „Columns“, also gruppierte Spalten, innerhalb derer man sowohl einzelne Karten als auch komplette Unter-Boards ablegen kann.
Ähnlich wie bei Scapple können Sie auch in Milanote Pfeile zwischen zwei Karten oder anderen Elementen ziehen, um die Verbindungen zwischen diesen zu visualisieren. Wenn Sie anschließend eine der Karten an eine andere Stelle verschieben, bleibt die Verbindung bestehen und das Ende des Pfeils wandert mit der Karte an die neue Position.
Warum Milanote keine klassische Notizenverwaltung ist
Trotz des „…note“ im Namen von Milanote darf man Milanote nicht mit klassischen Notizenverwaltungen wie Evernote vergleichen oder gar in einen Topf werfen.
Auch wenn Milanote Features wie das boardübergreifende Durchsuchen von Notizen bietet, fehlen aus Programmen wie Evernote bekannte Features wie das Tagging (also die Verschlagwortung von Notizen) komplett.
Die Zielsetzung von Milanote ist natürlich auch eine andere als beispielsweise bei Evernote. Es geht hier nicht darum, eine Flut von unsortieren Notizen abzuspeichern und später durch eine Kombination aus Verschlagwortung und einer intelligenten Suchfunktion immer noch die benötigen Informationen wiederzufinden, sondern darum, die Projekte visuell zu planen, ohne dabei auf rigide Baumstrukturen wie in klassischen Outlinern oder Mindmapping-Tools angewiesen zu sein.
Milanote ist also weniger geeignet, um eine projektunabhängige Sammlung von Notizen anzulegen, sondern eher dazu, ein ganz konkretes Projekt zu planen und zu strukturieren und in diesem Rahmen Notizen, Bilder, Internet-Links und zu erledigende Aufgaben zu sammeln.
Milanote zum Planen von Sachbüchern
Gerade für die Planung von Sachbüchern und Fachartikeln finde ich Milanote sehr praktisch, da man auch URLs zu Webseiten einfügen kann und so Karten mit einer kleinen Vorschau der jeweiligen Webseite erhält.
Selbst bei vielen Quellen und Referenzen behält man so leicht die Übersicht und findet benötigte Informationen schnell wieder.
Unter-Boards für mehr Übersichtlichkeit und Struktur
Eine praktische Funktion in Milanote ist das Anlegen von Unter-Boards, um so Strukturen innerhalb größerer Projekte zu schaffen.
Bei der Planung eines Sachbuchs oder Romans kann man beispielsweise erst alle Ideen auf der großen Pinnwand sammeln, anschließend Unter-Boards für die einzelnen Kapitel anlegen und die Karten mit den Notizen dann in dies jeweiligen Unter-Boards ziehen. Dort landen sie erst einmal in einem Seitenbereich für unsortierte Karten, bis man sie per Drag & Drop an die richtige Position geschoben hat.
Man sieht zu jedem Zeitpunkt in der Kopfleiste des Fensters, in welcher Strukturebene bzw. In welchem Unter-Board man sich befindet. Dennoch sollte man meiner Erfahrung nach nicht mehr als zwei Ebenen innerhalb eines normalen Boards anlegen, da es keine Baum-Ansicht wie bei einem klassischen Outliner gibt und daher bei zu vielen verschachtelten Ebenen die Übersichtlichkeit doch ein wenig leidet.
Vorlagen für jeden Zweck
Besonders gelungen finde ich bei Milanote das Template-Feature – also die Möglichkeit, mit unterschiedlichen Vorlagen für die Anlage neuer Boards zu arbeiten.
Milanote bietet schon von Haus aus zahlreiche Vorlagen für unterschiedliche Arten von Boards, die einem einen ganz guten Überblick darüber bieten, was in Milanote mit Templates alles möglich ist. Man ist allerdings nicht auf diese beschränkt, sondern kann sich für seine eigenen Zwecke (beispielsweise die Planung eines Romans) eigene Templates anlegen, die dann z. B. Unterboards für Charaktere, Szenen, Handlungsorte o.ä. enthalten.
Dazu legen Sie einfach ein neues Board an, bauen dieses mit Spalten, Überschriften etc. so auf, wie Sie es brauchen, und wählen dann in der Übersicht der Boards mit der rechten Maustaste „Convert to template“ – fertig!
Gemeinsames Arbeiten an Projekten
Kaum etwas (außer vielleicht einem guten Glas Rotwein) fördert so sehr das kreative Arbeiten in der Planungsphase wie gemeinsames Brainstormen und Ideen sammeln.
Hier bietet Milanote schon recht ausgereifte Funktionalitäten für das gemeinsame Arbeiten an Projekten bzw. Boards. Laden Sie einfach per Email andere Personen zur Ihren Boards ein – wahlweise nur zur Ansicht oder sogar mit Bearbeitungsrechten.
Wenn beide Personen gleichzeitig innerhalb eines Boards zusammenarbeiten, sieht jeder anhand farbiger Markierungen mit dem jeweiligen Namen, wer gerade an welcher Karte arbeitet, und über die Kommentar-Funktion kann man sich unabhängig davon, ob der andere gerade online ist oder nicht, per Nachrichten wie in einem Messenger austauschen.
Geräteunabhängiges Arbeiten in der Cloud
Als cloudbasierte Anwendung bietet Milanote den Vorteil, dass man durch einfaches Einloggen in seinen Account von den unterschiedlichsten Endgeräten Zugriff auf seine Daten hat.
Das ist besonders praktisch, wenn man abwechselnd seinen Desktop-PC, seinen Laptop oder sein Tablet für die Arbeit an seinen Projekten nutzt. Man muss sich weder um eine Synchronisation der Daten zwischen den unterschiedlichen Geräten noch um Backups oder Datensicherung kümmern – das passiert alles vollautomatisch über die Cloud.
Aufgrund seines visuellen Designs, das an die Arbeit mit einer großen Pinnwand bzw. einem Whiteboard erinnert, ist Milanote natürlich auf große Bildschirme wie die von Desktop-PCs oder Laptops ausgelegt.
Dennoch gibt es neben der Browser-Version und der Desktop-Version, die man lokal auf seinem Rechner installieren kann, auch mobile Versionen fürs Tablet oder Smartphone. Diese bieten allerdings verglichen mit der Desktop-App nur einen stark abgespeckten Funktionsumfang und sind eher als Companion-Apps zu betrachten, mit denen man unterwegs mal ein paar schnelle Notizen zur späteren Weiterbearbeitung am PC erfassen kann.
Nachteile des cloudbasierten Arbeitens
Ein kleiner Nachteil von Milanote ist, dass alle Daten nur in der Cloud gespeichert werden. Man braucht also stets eine aktive Internetverbindung, um mit Milanote arbeiten zu können.
Das ist zwar üblicherweise der Fall, wenn man zuhause oder in der Firma arbeitet – arbeitet man jedoch gerne mal unterwegs oder im Urlaub abseits jedes WLANs mit dem Laptop, kann das cloudbasierte Konzept von Milanote sich als Nachteil erweisen.
Positiv ist immerhin, dass man seine Boards sowohl visuell im PDF- oder PNG-Format als auch (dann natürlich auf den reinen Inhalt reduziert) als Word-Dokument, Markdown oder Textdatei exportieren kann. Somit kann man seine vorbereiteten Planungen exportieren, um diese offline zur Verfügung zu haben, aber eben nicht mehr daran weiter arbeiten.
Preise und Tarife
Der größte Knackpunkt von Milanote ist aus meiner Sicht die Preisstruktur. Da es sich um einen cloudbasierten Abo-Dienst mit monatlichen Gebühren handelt, kann die Nutzung von Milanote auf Dauer schon etwas ins Geld gehen.
Im Standard-Tarif „pro Person“, den wohl die meisten Anwender nutzen dürften, kostet Milanote 9,99 USD pro Monat bei jährlicher Abrechnung, bei monatlicher Abrechnung sogar 12,50 USD.
Vergleicht man dies mit den Preisen anderer abobasierter Dienste wie Evernote (Premium für 6,99 € / Monat), ist dies schon recht happig und lohnt sich nur, wenn man wirklich vorhat, Milanote auf Dauer intensiv zu nutzen. Dann allerdings steht einem auch unbegrenzter Speicherplatz für beliebig viele Boards, Karten, Datei-Uploads etc. zur Verfügung.
Es gibt zwar auch einen dauerhaft kostenlos nutzbaren „Free“-Tarif, doch dieser ist aufgrund der Beschränkung auf lediglich 100 Karten kaum mehr als eine bessere Demo. 100 Karten reichen in der Praxis gerade mal zum Ausprobieren, ob einem Milanote gefällt und ob man bereit ist, das Geld für ein Milanote-Abo locker zu machen.
Man kann zwar auch im Free-Tarif durch das Empfehlen von Milanote an Freunde und Bekannte Bonus-Speicherplatz erhalten (20 zusätzliche Karten pro Empfehlung für bis maximal 100 zusätzliche Karten), aber selbst 200 Karten sind nicht so üppig viel, dass man damit dauerhaft auskommen könnte.
Der Free-Tarif ist aus meiner Sicht nur dann nutzbar, wenn man ausschließlich kleinere Projekte damit plant und bereit ist, die zum Projekt gehörigen Karten nach dem Abschluss der Planung direkt wieder zu löschen und so Platz für das nächste Projekt zu schaffen.
Milanote oder Scapple?
Wenn man sich nun als Schriftsteller die Frage stellt, ob man für die Planung seiner Buchprojekte lieber zu Milanote oder zu Scapple greifen sollte, muss man abwägen, was einem wichtig ist.
Scapple hat verschiedene Vorteile:
- Kauf-Lizenz: Scapple kann man einmalig für bescheidene 19 Euro kaufen und dann ohne monatliche Abo-Gebühren dauerhaft auf mehreren Rechnern nutzen.
- Offline nutzbar: Während die Daten bei Milanote in der Cloud gespeichert werden und das Programm daher nur mit einer bestehenden Online-Verbindung nutzbar ist, kann man Scapple auch offline verwenden, da alle Daten auf dem eigenen Rechner abgelegt sind. Das ist ideal, wenn man beispielsweise unterwegs mit dem Laptop arbeitet und keine Online-Verbindung hat.
- Verknüpfung mit Scrivener: Da Scapple von denselben Entwicklern wie Scrivener ist, kann man Planungsdaten aus Scapple (mit Einschränkungen, da die Pinnwand-Struktur nun mal eine andere ist als die klassische Karteikarten-Struktur) auch in Scrivener übernehmen.
Doch natürlich kann auch Milanote mit diversen Vorteilen punkten (wobei ich mich hier explizit auf die kostenpflichtige Abo-Version und nicht auf den stark abgespeckten Free-Tarif beziehe!):
- Optisch ansprechendes visuelles Layout mit Bildern, Web-Links und Karten
- Unbegrenzter Speicherplatz für beliebig viele komplexe Buchprojekte
- Ordentliche Struktur durch Gliederungselemente wie Unter-Boards und Columns
- Man kann sich eigene mehrstufige Templates anlegen, die man dann für jedes neue Projekt erneut nutzen kann.
- Alle Daten sind in der Cloud gespeichert und müssen daher nicht zwischen unterschiedlichen Rechnern synchronisiert werden, wenn man z. B. abwechselnd am Desktop-PC, am Laptop und am Tablet arbeitet.
- Online-Kooperation in Echtzeit: wenn man zu zweit an einem Projekt arbeitet, können beide gleichzeitig am Projekt arbeiten, sehen gegenseitig ihre Änderungen und Ergänzungen und können via Kommentar-Feld Feedback, Ideen und Anregungen austauschen.
Fazit: Wenn einem die monatlichen Abo-Gebühren für Milanote nichts ausmachen und man beim Arbeiten an seinen Buchprojekten stets eine stabile Internetverbindung zur Verfügung hat, kann ich Milanote aufgrund seines großen Funktionsumfangs und der komfortablen Bedienung uneingeschränkt empfehlen.
Wer hingegen laufende Kosten vermeiden möchte, öfter mal offline arbeiten muss oder seine Planungs-Notizen später in Scrivener importieren möchte, ist mit Scapple besser beraten.
Sie finden Milanote unter https://milanote.com. Hier können Sie sich zunächst für den kostenlosen Free-Tarif anmelden, um Milanote in aller Ruhe auszuprobieren und dann zu entscheiden, ob die Funktionsvielfalt von Milanote aus Ihnen den Abo-Preis der unlimitierten Version mit unendlich vielen Boards, Karten und Bildern wert ist.