Kindle Unlimited: Erste konkrete Zahlen für die Bezahlung nach Seiten

Wie bereits Anfang Juli berichtet hat Amazon zum 01.07.2015 die Regeln für die Ausschüttung des monatlichen Fonds an die Autoren gravierend geändert: Während zuvor der Autor für jedes ausgeliehene Buch, das zu mindestens 10% gelesen wurde, unabhängig von der Länge des Buchs einen bestimmten Betrag erhielt (in den meisten Monaten ca. 1,20 Euro), wird der Fonds seit Juli nach tatsächlich gelesenen Seiten aufgeteilt.

Interessant ist, dass jetzt erste konkrete Zahlen vorliegen. Die Amazon-Hilfe-Seite mit den von mir als unrealistisch genannten hypothetischen Werten von 10 Cent je gelesener Seite ist übrigens seit Mitte August verschwunden. Seitdem werden auf den Amazon-Seiten keine Beträge mehr genannt – auch nicht als hypothetisches Rechenbeispiel. Eine gute Entscheidung, da sonst jemand diese Zahlen für bare Münze bzw. als Entscheidungsgrundlage zugunsten KDP Select nehmen könnte.

Anfang Juli schrieb ich, dass ich realistisch gesehen von weniger als einem Cent pro gelesener Seite ausgehe. Tatsächlich betrug die Ausschüttung für Juli ca. 0,0053 € (also einen guten halben Cent) je gelesener Seite.

Im Klartext bedeutet das, dass von einem Buch mindestens 232 Seiten gelesen werden müssen, damit der Autor dasselbe Geld für die Ausleihe wie noch im Juni 2015 (also 1,23 €) erhält. Jedes Buch mit weniger als 232 Seiten kommt also automatisch schlechter weg als bisher – ebenso wie Bücher, die vor der Seite 232 abgebrochen / nicht mehr weiter gelesen werden. Und das, obwohl Amazon den weltweiten Fonds von 10,3 Millionen im Juli auf satte 11,5 Millionen aufgestockt hat.

Sachbuchautoren (deren Bücher ohnehin üblicherweise deutlich kürzer als Romane sind), dürfen sich auf starke Einbußen gefasst machen – insbesondere, da Sachbücher meist nicht komplett von vorne bis hinten gelesen werden, sondern Leser sich oft nur die Kapitel herausgreifen, die sie ganz konkret interessieren. Wenn hier beispielsweise von 150 Seiten durchschnittlich nur knapp 50 Seiten gelesen werden, erhält der Autor gerade mal 25 Cent für eine durchschnittliche Ausleihe.

Noch härter trifft die Änderung Kurzgeschichtenautoren, die ihre Werke weiterhin über KDP Select gelistet lassen. Sie bekommen für eine Ausleihe teils nur noch einstellige Cent-Beträge, so dass es sich für die meisten von ihnen nicht mehr lohnen dürfte, ihre Geschichten weiterhin in der Kindle-Unlimited-Leihbücherei zu belassen.
Besser dran als bisher sind hingegen die Autoren umfangreicher Romane. Ein Buch mit mindestens 350 Seiten (gemäß Amazons neuem „Kindle Edition Normalized Page Count“), das normalerweise für 2,99 € verkauft wird, kann nun als Ausleihe sogar mehr als bei einem regulären Verkauf bringen, sofern es tatsächlich komplett bis zum Ende gelesen wird.

Es dürfte interessant sein, im Laufe der nächsten Monate die „Seitenpreise“ von KDP Select im Auge zu behalten. Gerade wenn im Herbst/Winter wieder mehr gelesen wird, könnte ich mir vorstellen, dass die Beträge ein Stück sinken, sofern Amazon nicht noch mehr Geld in den Fond steckt, um die höheren gelesenen Seitenzahlen zu kompensieren.


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