Projekt- und Ideenarchiv für Schriftsteller

Zu viele Ideen, zu wenig Zeit. Wenn Sie schon etwas länger schreiben, kennen Sie dieses Problem vermutlich nur allzu gut. Frei nach John Steinbecks Zitat „Ideen sind wie Kaninchen. Man hat ein paar und lernt mit ihnen umzugehen, und schon bald hat man ein Dutzend.“ wachsen Ideen für neue Bücher, Artikel oder Kurzgeschichten erfahrungsgemäß viel schneller nach, als man diese tatsächlich umsetzen kann.

Also beginnt man damit, ein Ideenarchiv anzulegen. Bei manchen besteht dieses aus einem simplen Notizbuch, bei anderen aus separaten Textdateien am Computer und bei noch anderen aus einer Sammlung fliegender Zettel. Doch all diese Ansätze haben den gemeinsamen Nachteil, dass man früher oder später den Überblick verliert und entweder nichts mehr wiederfindet oder (wie beim Notizbuch) keinen Platz mehr hat, um neue Notizen und Ideen zu ergänzen, die zu einer bestimmten Projektidee gehören.

Ideal wäre also ein übersichtliches und flexibles Archiv, in dem man sowohl seine Ideen als auch die Unterlagen für bereits begonnene Projekte aufbewahren und jederzeit leicht wiederfinden kann. Ein solches System gibt es – und Sie brauchen dafür nicht mehr als einige große Briefumschläge und eine freie Ebene eines Bücherregals.

Das Projekt- und Ideenarchiv, das ich Ihnen hier vorstellen möchte, basiert auf dem sogenannten Noguchi-Ablagesystem. Dieses System wurde von dem japanischen Wirtschaftswissenschaftler Yukio Noguchi erfunden, der damit ein Ablagesystem entwickeln wollte, in dem alles ordentlich organisiert ist, aber in dem man die wichtigsten oder am häufigsten verwendeten Unterlagen leicht auffindbar und stets griffbereit parat hat, ohne erst alle Unterlagen durchsuchen zu müssen. Das klingt nicht nur so, als ob es optimal auf die Bedürfnisse von Schriftstellern zugeschnitten wäre, sondern ist es auch.

Und alles, was man dafür benötigt, sind ein paar Päckchen große Briefumschlage ohne Fenster und ein Bücherregal, in das man diese Umschläge aufrecht hineinstellen kann.

Ein Schnelleinstieg ins Noguchi-System

Das Noguchi-System basiert darauf, dass man alle Notizen, fliegenden Zettel und abzulegenden Unterlagen in Umschlägen aufbewahrt, die durch das System ganz automatisch nach der Häufigkeit ihrer Verwendung sortiert werden. Die Umschläge, die man häufig braucht, stehen also immer ganz vorne griffbereit, während die selten (bzw. schon lange nicht mehr) verwendeten Umschläge immer weiter nach hinten wandern.

Wenn man einen Umschlag braucht, um etwas darin abzulegen, etwas nachzuschauen oder mit den Informationen aus diesem Umschlag zu arbeiten, holt man diesen aus dem Regal (meist hat man schon ein recht gutes Gefühl dafür, wie weit vorne oder hinten der Umschlag ungefähr stehen könnte), arbeitet damit und stellt ihn anschließend ganz vorne ins Regal zurück. Auf diese Weise stehen immer die Umschläge ganz vorne griffbereit, die man als letztes verwendet hatte – also bezogen auf die Verwendung für ein Projekt- bzw. Ideenarchiv die Projekte, an denen wir momentan aktiv arbeiten.

Die Auswahl der passenden Umschläge

Da in diese Umschläge auch mehr als nur eine Handvoll A4-Blätter passen sollen, würde ich statt der üblichen C4-Briefumschläge (229mm x 324mm) im Zweifelsfall lieber die etwas größeren B4-Umschläge (250mm x 353mm) verwenden. Selbst wenn man anfangs glaubt, mit C4 auszukommen, sollte man bedenken, dass alle Umschläge beim Noguchi-System dieselbe Größe haben müssen. Es ist daher nachträglich nur mit relativ großen Aufwand möglich, sein ganzes Archiv von C4 auf B4 umzustellen.

Das Umschlagformat B4 hat darüber hinaus den Vorteil, dass man auch Schnellhefter darin ablegen kann und dass man ggf. für besonders umfangreiche Projekte B4-Faltentaschen verwenden kann, die sich von der Größe her im Noguchi-Archiv problemlos mit normalen B4-Umschlägen kombinieren lassen.

Vorbereitung der Umschläge

Für das Noguchi-System werden von den Umschlägen die obersten paar Zentimeter inklusive der Lasche abgeschnitten, so dass die Umschläge anschließend nur noch eine Höhe von maximal 31cm haben. So kann man die Unterlagen leichter aus dem Umschlag entnehmen.

Ich selbst habe mir sogar angewöhnt, die Umschläge auf ca. 29cm zu kürzen, so dass die A4-Blätter oben etwas aus dem Umschlag herausragen und noch leichter entnommen werden können – aber das ist natürlich Geschmackssache.

Beschriftung und Farbcodierung der Umschläge

Damit man auch von außen erkennen kann, was sich in den jeweiligen Umschlägen befindet, müssen diese natürlich beschriftet und ggf. farblich codiert werden.

Eine Farbcodierung macht Sinn, wenn man in seinem Ideen- / Projektarchiv ganz unterschiedliche Arten von Projekten sammelt. Wenn man beispielsweise sowohl Romane als auch Sachbücher und Kurzgeschichten schreibt, kann man hierfür drei unterschiedliche Farben verwenden, z. B. rot für Romane, grün für Kurzgeschichten und blau für Sachbücher.

Sucht man dann z. B. die Unterlagen zu einer Romanidee, weiß man gleich, dass man die grün und blau gekennzeichneten Umschläge direkt überblättern kann.

Ich verwende hierfür gerne farbiges Isolierband. Wenn ich einen neuen Umschlag anlege, schneide ich ein 2cm breites Stück ab und klebe es am oberen Rand des Umschlags um den rechten Rand. Das geht schneller und sieht ordentlicher aus, als hier zu Filzstiften o.ä. zu greifen und farbige Kästchen zu malen.

Bei der Beschriftung der Umschläge sollte man darauf achten, dass man diese lesen kann, ohne sich den Kopf zu verdrehen. Daher sollte man die Umschläge mit senkrecht untereinander angeordneten Buchstaben beschriften.

Diese Beschriftungsstreifen drucke ich mir über Excel aus (hier kann man über „Ausrichtung“ die Schrift sauber senkrecht anordnen) und klebe die Streifen dann an den rechten Rand des Umschlags.

Der fertige Umschlag sieht dann ungefähr so aus:

Der Hilfs-Zeitstrahl: Monatspappen

Auch wenn das ursprüngliche Noguchi-System ohne ein solches Hilfsmittel auskommt, habe ich mein Noguchi-Projektarchiv zur besseren Orientierung um „Monatspappen“ ergänzt.

Hierbei handelt es sich um Pappstreifen von 6cm x 29,7cm, an deren rechten Rand ich senkrecht (also ähnlich wie bei den Umschlägen) Monat und Jahr schreibe. Diese Pappstreifen schneide ich mir aus den Papp-Rückseiten von alten Schreibblöcken oder Collegeblöcken zu – ein Pappdeckel ergibt drei Streifen á 6 cm.

Diese Streifen mache ich mir meist auf einen Rutsch für die nächsten 12 Monate fertig. Sobald ein Monat um ist, kommt der Streifen für den jeweiligen Monat vor den aktuell vordersten Umschlag – also Ende Februar 2017 der Pappstreifen „02/2017“. Alle Umschläge, die anschließend dazu kommen oder, nachdem man mit ihnen gearbeitet hat, wieder vorne einsortiert werden, landen vor diesem Pappstreifen.

Dieses kleine Hilfsmittel hat für mich den Vorteil, dass ich Projekte oder Projektideen, an denen ich lange nichts mehr gemacht habe, schneller wiederfinden kann. Oft erinnere ich mich beispielsweise, dass ich zuletzt gegen Ostern, während der Sommerferien oder zwischen den Jahren an einem Projekt oder einer Idee gearbeitet hatte. Durch die Pappstreifen weiß ich direkt, wo ich mit meiner Suche einsteigen kann, und werde so noch schneller fündig.

Pappstreifen, hinter denen kein Umschlag mehr steht, werden ausrangiert und kommen in den Papiermüll. Wenn es also keine Projekte oder Projektideen mehr gibt, die zuletzt im April 2016 angepackt wurden, weil der letzte Umschlag davon gerade nach vorne gewandert ist, ist der Pappstreifen „04/2016“ unnötig geworden und kann weg.

Was tun, wenn der Platz ausgeht?

Eine der Stärken des Noguchi-Systems ist seine Übersichtlichkeit. Wenn einem also allmählich der Platz für neue Umschläge ausgeht, sollte man keine zweite Regalebene einrichten, sondern die mittlerweile ganz nach rechts gewanderten Umschläge (also die Projekte oder Projektideen, die man wirklich schon verdammt lange keines Blickes mehr gewürdigt hat) kritisch durchsehen.

Manchmal springt dabei der Funke wieder neu über und man bekommt direkt wieder Lust, an diesem Projekt oder dieser Idee weiter zu arbeiten. In diesem Fall arbeiten Sie zumindest ein paar Minuten daran (und wenn es nur ist, indem Sie sich Ihre bisherigen Notizen durchlesen und ein paar neue Ansatzpunkte notieren) und stellen den Umschlag anschließend ganz nach vorne, da er jetzt wieder „topaktuell“ ist.

Manchmal hat man allerdings auch das Interesse an der Idee verloren oder weiß überhaupt nicht mehr, was man sich damals bei diesen Notizen gedacht hatte. In diesem Fall kann man den Umschlag mit den Notizen ohne großes Bedauern entsorgen und so für Platz im Regal sorgen.

Natürlich gibt es auch die Fälle, in denen die Notizen einfach zu schade zum Wegwerfen sind, obwohl man weiß, dass man weder Lust noch Zeit hat, in absehbarer Zeit an diesem Projekt oder dieser Idee weiter zu arbeiten. Solche Umschläge sortieren Sie zwar ebenfalls aus, packen diese aber in einen Karton, den Sie im Keller oder auf dem Dachboden aufbewahren, wo er nicht im Weg steht. „Neu aussortierte“ Umschläge kommen immer obendrauf, so dass auch innerhalb dieses Archiv-Kartons die untersten Umschläge die sind, die schon vor ewigen Zeiten ausrangiert wurden.

Hören Sie mit Ihrer Aussortier-Aktion auf, wenn Sie wieder 10-20 cm Luft in Ihrem Noguchi-Regal haben. So bleibt Ihr Projekt- und Ideenarchiv mit minimalem Aufwand immer frisch, lebendig und leicht zu handhaben.