Im Internet machen momentan Berichte die Runde, dass die Bundesregierung die Senkung der Mehrwertsteuer für eBooks und Hörbücher von 19% auf 7% plant, um diese in steuerlicher Hinsicht gedruckten Büchern gleichzustellen.
Unter selbstverlegenden Autoren hat eine solche Ankündigung verständlicherweise für große Freude gesorgt. Allerdings ist die Vorfreude nicht nur verführt, sondern am Horizont zeichnet sich eine ganz andere Entwicklung ab, die die Einnahmen vieler eBook-Autoren massiv beschneiden wird. Aber dazu gleich mehr…
Zunächst mal muss man aus Sicht der Leser sagen, dass sich durch eine Reduzierung der deutschen Mehrwertsteuer auf eBooks von 19% auf 7% kaum etwas an den Verkaufspreisen der eBooks ändern dürfte. Wer sein eBook z.B. momentan mit 2,99 € bepreist hat, dürfte es in der Praxis kaum auf einen krummen Wert wie 2,33 € reduzieren, um die geringere Mehrwertsteuer an den Leser weiter zu geben. Stattdessen dürften die Preise der Bücher in den meisten Fällen gleich bleiben. Die Gewinner einer solchen Reduzierung wären also ganz klar die Autoren, die zukünftig höhere Tantiemen für in Deutschland verlegte Bücher kassieren könnten.
Die Befürworter einer Steuersenkung argumentieren damit, dass eBooks nun einmal die Zukunft des Buchs sind und es eigentlich keine Rolle spielt, ob der Leser sein Buch in gedruckter Form oder als elektronischen Download erhält. Schließlich haben auch andere Länder wie Frankreich und Luxemburg bereits den Mehrwertsteuersatz für eBooks auf denselben Satz wie für gedruckte Bücher reduziert.
Gerade im Fall von Luxemburg hat das für massive wettbewerbliche Vorteile gesorgt: So werden aktuell durch den Sitz von Amazon in Luxemburg für Kindle-Bücher nur 3% Mehrwertsteuer fällig, wodurch KDP-Autoren über Amazon wesentlich höhere Tantiemen kassieren können als bei deutschen Distributoren.
Doch die Ankündigung eines niedrigeren Mehrwertsteuersatzes auf eBooks auch für Deutschland ist leider mehr heiße Luft als irgendetwas anderes: Während die Ausweitung des reduzierten Mehrwertsteuersatzes auf Hörbücher durchaus wahrscheinlich ist, verstieße eine Senkung der Mehrwertsteuer für eBooks gegen EU-Recht – denn die EU betrachtet eBooks weiterhin nicht als Bücher, sondern als auf elektronischem Wege erbrachte Dienstleistungen.
Die reduzierte Mehrwertsteuer auf eBooks, wie sie von Frankreich und Luxemburg eingeführt wurde, gilt somit als Verstoß gegen EU-Recht und hat beiden Ländern bereits einigen Ärger eingebracht (http://europa.eu/rapid/press-release_IP-13-137_de.htm). Die Deutsche Regierung wird sich also nicht in die Nesseln setzen, sondern lediglich die EU bitten, ihre Haltung zu eBooks zu überdenken. Und wie groß die Chancen sind, dass eine solche „Bitte“ auf Gehör stößt, kann man sich ausrechnen.
Für KDP-Autoren, die ihre Bücher also selbst über Amazon veröffentlichen, zeichnet sich ganz im Gegenteil eine dunkle Gewitterfront am Horizont ab: Da ab dem 1. Januar 2015 die Berechnung der Mehrwertsteuer auf das Bestimmungslandprinzip umgestellt wird (http://www.boersenblatt.net/643615/), muss auch Amazon trotz Sitz in Luxemburg ab 2015 19% Mehrwertsteuer für eBook-Verkäufe an deutsche Kunden berechnen. Die neue Regelung bedeutet für Luxemburg nicht nur den Verlust von Steuereinnahmen in Höhe von rund einer Milliarde Euro pro Jahr, sondern daraus resultierend auch eine Erhöhung der luxemburgischen Mehrwertsteuer von 15% auf 17%.
Und genau wie die erhoffte Mehrwertsteuersenkung auf 7% in der Praxis wohl kaum für eine Senkung der Verkaufspreise gesorgt hätte, wird auch der höhere Mehrwertsteuersatz ab Januar 2015 selten für höhere Verkaufspreise sorgen. Die meisten Autoren werden auch dann ihre Bücher auf den alten Preisen lassen und sich zähneknirschend mit dem starken Einbruch bei ihren Tantiemen abfinden. Denn diese werden wohl ab Januar nächsten Jahres, wenn nicht bis dahin noch ein unerwartetes Einlenken der EU in der eBook-Debatte stattfindet, durch die höhere Mehrwertsteuer um fast 13,5% sinken.
Wer einen maßgeblichen Anteil seiner Einnahmen also aus eBook-Verkäufen über Amazons KDP-Programm bezieht, sollte sich bei gleichbleibenden Buchverkäufen also auf deutlich sinkende Einnahmen einstellen. Wie war noch gleich der Wahlspruch des Hauses Stark in „Game of Thrones“? Genau: Der Winter naht… ;-)