Luxuriöser Minimalismus oder: spartanisch, aber komfortabel
Wenn es um die Definition und Auswahl eines optimalen Schreibwerkzeugs für Schriftsteller geht, sind mir persönlich zwei Dinge besonders wichtig:
- eine minimalistische, ablenkungsfreie Benutzeroberfläche, die einen nicht durch Menüs, Ribbons oder andere Bedienungs- und Formatierungselemente vom eigentlichen Text ablenkt.
- die Möglichkeit, alle wichtigen Formatierungen bereits beim Schreiben der Rohfassung vorzunehmen. Es macht absolut keinen Sinn, sich aus übertriebenem Minimalismus wie zu DOS-Zeiten auf den reinen Text zu beschränken und alle notwendigen Formatierungen erst bei der späteren Überarbeitung in einer „vollwertigen“ Textverarbeitung nachzuholen. Dabei rede ich nicht von Schriftarten, Seitenlayout und ähnlichen Spielereien, sondern von grundlegenden Formaten wie fett, kursiv, unterstrichen, Überschriften, Aufzählungen und Listen.
Im Prinzip kann man beides mit jedem Zenware-Schreibprogramm wie WriteMonkey, FocusWriter oder Q10 erreichen, indem man seine Manuskripte im Markdown-Format schreibt. Die simplen, aber äußerst leistungsfähigen Formatierungsbefehle von Markdown erlauben es einem, selbst innerhalb eines simplen Textdokuments mit unterschiedlichen Überschriften-Ebenen zu arbeiten, Textpassagen als fett oder kursiv hervorzuheben oder sogar ganze Absätze als Zitate einzurücken.
Natürlich ist es umso komfortabler, wenn ein Schreibprogramm einem darüber hinaus noch weitere Möglichkeiten wie eine komfortable Dokumentenverwaltung oder eine intuitive Synchronisierung zwischen verschiedenen Rechnern bietet, ohne dadurch schwerfällig, überladen und unnötig kompliziert in der Handhabung zu werden.
Und hier kommt Write! ins Rennen – ein Schreibprogramm für Windows, Mac OS und Linux, das zwar erst seit 2016 am Markt ist, es aber mit tollen Features und einer gut durchdachten Oberfläche innerhalb kürzester Zeit geschafft hat, zu meinem Lieblings-Schreibwerkzeug zu werden.
Jede gute Sache hat ihren Preis
Eines vorab: Write! ist im Gegensatz zu Konkurrenten wie WriteMonkey oder FocusWriter keine Freeware, sondern ein kommerzielles Programm, das in der Anschaffung einmalig mit knapp 20 Euro ($ 19,95 + 19% MwSt) zu Buche schlägt. Der Gutscheincode SPECIAL10 sichert einem hierauf 10% Rabatt (wobei ich natürlich nicht weiß, wie lange dieser gültig ist).
Für diesen Preis sichert man sich eine lebenslange Lizenz für Write! inklusive der laufenden Updates. Ausgenommen hiervon ist lediglich die Nutzung der Write!-Cloud, in der man beliebig viele Dokumente speichern und zwischen unterschiedlichen Rechnern synchronisieren kann. Die Nutzung der Write!-Cloud ist für ein Jahr im Kauf des Programms mit inbegriffen, anschließend fallen ca. 5 € ($ 4,95 + 19% MwSt) pro Jahr dafür an.
Ich persönlich finde die Jahresgebühr von runden fünf Euro für die Nutzung der Cloud sehr moderat und fair, da hierin unbegrenzter Cloud-Speicher für beliebig viele Dokumente und die automatische Sicherung und Synchronisierung aller Dokumente enthalten ist.
Doch selbstverständlich kann man Write! auch ohne die Cloud-Funktionalität nutzen, wenn man Abo-Modelle mit laufenden Gebühren generell ablehnt. Speichert man lokale Dokumente beispielsweise in seinem Dropbox-Account, können diese auch ohne die Write!-Cloud zwischen Desktop, Laptop u.ä. synchronisiert werden.
Es ist also wie immer eine Frage der persönlichen Präferenzen. Ich persönlich nutze Write! so häufig, dass ich gerne einen kleinen jährlichen Obolus für den zusätzlichen Komfort der Write!-Cloud zahle, doch man kann das Programm auch ohne weitere Zahlungen dauerhaft nutzen.
Warum ich Write! für die beste Schreibumgebung unter Windows halte
Bevor ich Write! für mich entdeckt hatte, waren meine beiden Zenware-Favoriten ganz klar WriteMonkey und FocusWriter, von denen jedes seine individuellen Stärken hat.
Bei FocusWriter ist das ganz klar die Möglichkeit, parallel mit mehreren in unterschiedlichen Tabs geöffneten Dokumenten zu arbeiten und für die Arbeit an unterschiedlichen Projekten verschiedene Schreibumgebungen inklusive der darin geöffneten Dokumente zu definieren. So kann man beispielsweise bei einem Roman-Projekt das eigentliche Manuskript, die Recherche-Unterlagen, die Gliederung und ein separates File für Notizen zu einer Schreibumgebung zusammenfassen und parallel geöffnet halten.
Bei WriteMonkey ist es so, dass sich das Programm anfangs als bessere Version des von seinem Entwickler schon damals nicht mehr weiter entwickelten Q10 verstand und im Laufe der Zeit bis zur aktuellen Version 2.7 immer neue tolle Features in diese Oberfläche eingebunden hatte. Ab der Beta der neuen Version 3, die eine völlige Neuentwicklung darstellt und vom Programmcode her so gut wie nichts mehr mit dem alten WriteMonkey zu tun hat, speichert WriteMonkey alle Texte in erster Linie in seiner internen Datenbank und nicht mehr als einzelne, eigenständige Textdokumente. Das ist vermutlich auch der Grund, warum ich trotz der gelungenen neuen Benutzeroberfläche (die mich ein wenig an die von Write! erinnert), mit dem neuen WriteMonkey niemals so richtig warm werden konnte: Meine Schreibprojekte sind nach Ordnern in meiner Dropbox organisiert, in denen ich auch alle anderen Projektunterlagen ablege – insofern kann ich mich mit dem Konzept einer zentralen Text-Datenbank nicht wirklich anfreunden.
Write! vereint die Stärken von FocusWriter und von WriteMonkey unter einem Dach: es bietet sowohl die Schreibumgebungen und die Tabs für parallel geöffnete Dokumente von FocusWriter als auch die Markdown-Unterstützung und so praktische Möglichkeiten wie das „Zuklappen“ von Textabschnitten über ihre Überschriften, die sowohl Microsoft Word (ab Version 2013) als auch die Beta von WriteMonkey 3 bieten.
Schreiben in der Cloud oder lokal: Ihre Entscheidung!
Write! bietet, wie bereits weiter oben erwähnt, sowohl die Speicherung in seinem eigenen, cloudbasierten Dateisystem (inklusive beliebig vielen Ordnern und Unterordern) als auch die Arbeit mit einzelnen Textdateien innerhalb des normalen Windows-Dateisystems. So kann man die per Tastendruck ausblendbare Datei-Seitenleiste jederzeit zwischen dem Cloudspeicher und einem beliebigen, jederzeit wechselbaren Dateiordner auf dem eigenen Rechner umschalten.
In den Optionen kann man sogar einstellen, ob neue Dateien standardmäßig im Cloud-Ordner oder als lokale Dateien angelegt werden sollen. Write! versucht also nicht, den Anwender zu einer bestimmten Arbeitsweise zu zwingen, bietet einem aber alle Möglichkeiten an – aus meiner Sicht die optimale Lösung.
Obwohl jede Installation von Write! an einen Online-Account gebunden ist, über den auch die Cloud-Speicherung und die Synchronisierung erfolgen, kann man Write! auch offline verwenden, um beispielsweise im Urlaub auch ohne Internet-Zugriff an seinen lokal gespeicherten Dokumenten arbeiten zu können. Sie müssen lediglich alle zwei Wochen einmal kurz online gehen, was aber normalerweise kein Problem sein sollte.
Die Bindung des Programms an einen Write!-Account hat neben der Synchronisierung der Daten den Vorteil, dass man Write! mit einer einzigen Lizenz parallel auf beliebig vielen Rechnern installieren kann – also z. B. Desktop-PC, Laptop und Netbook.
Visuelles Markdown
Sehr schön gelöst finde ich die visuelle Markdown-Darstellung in Write. Während andere Markdown-Editoren oft nur den reinen Textanteil am Bildschirm darstellen und die Markdown-Formatierungsbefehle lediglich farblich vom eigentlichen Textanteil abheben, wandelt Write! Eingaben im Markdown-Format (z. B. # für eine Überschrift) am Bildschirm direkt in die entsprechende Formatierung um, so dass das Dokument, wie man es am Bildschirm sieht, direkt druckreif aussieht.
Zugleich kann man über die Optionen einstellen, dass ein einziger Druck auf ENTER genügt, um einen neuen Absatz zu beginnen. Das manuelle Einfügen einer Leerzeile durch zweimaliges ENTER entfällt, so dass man seinen Text auch wie in einer normalen Textverarbeitung schreiben kann.
Die Markdown-Formatierung während der Texteingabe hat auch den Vorteil, dass man zum Formatieren von Text niemals die Finger von der Tastatur nehmen und zur Maus greifen muss. Alternativ kann man eine Textpassage markieren und dann mit STRG + Leertaste ein Kontextmenü für die Formatierung öffnen – auch hier alles ganz ohne Maus.
Auch für die optische Aufbereitung des Dokuments am Bildschirm bietet Write! ein gutes Dutzend unterschiedlicher Themes (eine Kombination aus Schriftart und vordefinierten Absatzformaten für Überschriften und normalen Text). Diese lassen sich im Gegensatz zu anderen Programmen zwar (zumindest in der aktuellen Version) nicht erweitern oder an die eigenen Vorstellungen anpassen, decken aber bereits alles ab, was man benötigt. Mein persönlicher Favorit ist das „Classic“-Theme, das ich bei mir als Default-Einstellung für neue Dokumente festgelegt habe.
Komfortable Navigation innerhalb längerer Manuskripte
Im Gegensatz zu den meisten anderen Zenware-Schreibprogrammen ist Write! nicht nur für kürzere Dokumente wie Blogposts oder einzelne Kapitel eines Buchprojekts geeignet, sondern sorgt auch bei umfangreichen Manuskripten dafür, dass man beim Schreiben jederzeit die Übersicht behält und jederzeit im Handumdrehen zur gerade benötigten Manuskriptstelle manövrieren kann.
Einerseits wird am rechten Bildschirmrand eine (ausblendbare) Navigationsleiste in Form einer miniaturisierten Vorschau des Dokuments angezeigt, über die man schnell zu jeder beliebigen Stelle des Dokuments springen kann. Bei längeren Manuskripten von mehr als ein paar Seiten nützt einem das zwar relativ wenig, doch bei kürzeren Dokumenten kann man hier den sichtbaren Bildschirmausschnitt schnell und komfortabel per Drag&Drop verschieben.
Seit Version 1.32 bietet Write! innerhalb der Dokumentenübersicht (egal ob Cloud oder lokale Dateien) die Möglichkeit, die Gliederung von durch Überschriften im Markdown-Format (#, ##, ###…) strukturierten (und aktuell geöffneten) Manuskripten wie Ordner aufzuklappen, so dass die einzelnen Überschriften auf den unterschiedlichen Ebenen angezeigt werden. Die aktuelle Überschrift (also das Kapitel / der Abschnitt, an dem man momentan arbeitet) ist durch Fettdruck hervorgehoben und man kann einfach durch Anklicken einer beliebigen Überschrift direkt zu dieser Stelle im Manuskript springen.
Auf diese Weise ist es ohne weiteres Möglich, ebenso wie beispielsweise in Microsoft Word ein komplettes Buchmanuskript in einer einzelnen Datei zu bearbeiten, ohne dass dabei die Übersichtlichkeit verloren gehen würde.
Export von Dateien
Unabhängig davon, ob man seine Texte in der Cloud speichert oder mit lokalen Dateien arbeitet, kann man die fertigen Manuskripte jederzeit in den unterschiedlichsten Formaten von reinem Text über Markdown, HTML und Word-Dokument bis hin zum PDF exportieren.
Man muss sich also keine Gedanken mehr über irgendwelche Zusatzsoftware machen, mit der man sein in Markdown geschriebenes Manuskript später ins Word-Format oder ins HTML-Format für die Veröffentlichung auf einer Webseite oder in einem Blog konvertieren kann. Auch hier bietet Write! sozusagen „alles unter einem Dach“ – eben eine wirkliche All-In-One-Lösung für Blogger, Journalisten und Schriftsteller.
Fazit
Wer sich nun fragt, ob Write! das richtige Schreibprogramm für ihn ist, sollte sich zunächst überlegen, welche Arten von Texten er schreiben möchte und welche Hilfsmittel er dafür benötigt.
Wer komplexe Schreibprojekte wie epische Romane oder umfangreiche Sachbücher plant und von einem Schreibprogramm erwartet, dass er auch die Planung, Recherche und Struktur hiermit abbilden kann, ist mit einem Programm wie Scrivener unter Umständen besser beraten. Features wie eine Pinnwand oder einen Gliederungs-Editor mit Notizen sucht man in Write! vergeblich. Doch wer bisher seine Texte mit Word, OpenOffice oder einem Zenware-Schreibprogramm wie WriteMonkey oder FocusWriter verfasst hat, dürfte mit Write! eine perfekte Schreibumgebung finden.
Mir gefallen in der aktuellen Version besonders die integrierte deutsche Rechtschreibprüfung, die komfortable Dateiverwaltung, die Formatierungs- und Exportfunktionen und last not least die Möglichkeit, für die parallele Arbeit an unterschiedlichen Projekten separate Schreibumgebungen einzurichten.
Ich sage bewusst „in der aktuellen Version“, denn bei Write! merkt man, dass hier ein engagiertes Entwicklerteam an der Arbeit ist, die den Vorsatz haben, ein wirklich großartiges Schreibprogramm zu erschaffen: Seit Write! Anfang 2016 die Beta-Phase verlassen hat, kommt quasi jeden Monat ein neues Update mit gut durchdachten zusätzlichen Funktionen, die die Arbeit mit Write! noch komfortabler und angenehmer gestalten.
Ich gehe davon aus, dass ich in Zukunft all meine Blogposts, Artikel sowie alle anderen kleineren bis mittleren Schreibprojekte ausschließlich in Write! schreiben werde. Für die Planung und Struktur größerer Projekte nutze ich parallel einen separaten Outliner (RightNote), den ich gerade an meinem großen Desktop-PC sehr komfortabel auf meinem zweiten Monitor geöffnet halten kann.
Von mir gibt es insofern für Write! eine ganz klare Kaufempfehlung.
Sie finden Write! unter https://writeapp.co, wo Sie nach dem Kauf des Programms und der Registrierung Ihres Accounts das Programm wahlweise für Windows, Mac oder Linux herunterladen können.