Von Altmeister Ernest Hemingway stammt der leicht zynische Rat: „Autoren sollten stehend an einem Pult schreiben. Dann würden ihnen ganz von selbst kurze Sätze einfallen.“
Tatsächlich hat es für Schriftsteller gleich mehrere Vorteile, im Stehen zu arbeiten.
Sitzen ist für den menschlichen Körper nicht die optimale Haltung, und selbst wenn Ihr Arbeitsplatz ergonomisch gestaltet ist (was bei den meisten definitiv nicht der Fall ist), sind Verspannungen, Rückenschmerzen u.ä. bei längeren Schreibsessions fast schon vorprogrammiert.
Wir sitzen ohnehin viel zu viel und viel zu lange. Wissenschaftler haben herausgefunden, dass das lange Sitzen nicht nur schlecht für unsere Gesundheit ist, sondern unterm Strich auch unsere Lebenserwartung verkürzt. Hier ein sehr interessanter Artikel zu diesem Thema: http://www.wiwo.de/erfolg/beruf/ungesunde-bueroarbeit-wer-laenger-sitzt-ist-frueher-tot/10134854.html
Auch wenn man im Büro darauf oft keinen Einfluss hat und nicht darum herum kommt, im Sitzen zu arbeiten, kann man aber zumindest als Schriftsteller einen kleinen Ausgleich dazu schaffen, indem man sich angewöhnt, im Stehen zu schreiben.
Im Stehen zu schreiben hat neben dem gesundheitlichen Aspekt auch noch andere Vorteile: Sitzen hat nämlich auch den Nachteil, dass es zur Faulheit und Entspannung anregt. Es fällt wesentlich leichter, im Sitzen zu faulenzen als im Stehen.
Sie werden feststellen, dass Sie sich in stehender Haltung wesentlich besser auf das Schreiben konzentrieren können und weniger Probleme mit Rückenschmerzen und Verspannungen im Nackenbereich haben.
Sich einen Steh-Arbeitsplatz einzurichten, ist gar nicht so schwer. Dafür gibt es drei Alternativen:
1. Das klassische Stehpult
Sehen Sie sich nach einem günstigen, gebrauchten Stehpult um, das Sie in der Höhe verstellen und so an Ihre Körpergröße optimal anpassen können. Ein gutes Stehpult hat eine geneigte Arbeitsplatte, die man vom Winkel her verstellen kann, und am vorderen Rand der Arbeitsplatte eine erhöhte Leiste, die verhindert, dass Stift, Papiere oder andere Arbeitsmittel nach vorne von der Platte rollen. In unserem Fall wäre das meist der Laptop, da die wenigsten von uns in der Praxis noch mit Papier und Stift schreiben werden (obwohl auch das seine unbestrittenen Vorteile hat).
Die Investition in ein Stehpult ist zwar nicht ganz billig, aber für die meisten von uns mittelfristig gesehen jeden Cent wert. Wenn Sie ein talentierter Bastler und Heimwerker sind können Sie sich unter Umständen auch ein passendes Stehpult selbst basteln und so Geld sparen.
Manchmal haben Sie auch die Möglichkeit, in einem Möbelhaus ein solches Stehpult auszuprobieren. Bringen Sie testweise Ihren Laptop mit und probieren Sie es ruhig einmal aus, bevor Sie das Stehpult kaufen. Die Verkäufer werden kaum etwas dagegen einzuwenden haben. Wenn Sie sich ein neues Bett kaufen wollen, dürfen Sie ja auch mal probeliegen.
2. Das höhenverstellbare Brett
Eine einfache und günstige Alternative ist ein höhenverstellbares Regalbrett mit ausreichender Tiefe (mindestens 40 cm!), auf dem Sie Ihren Laptop zum Schreiben abstellen können.
Dazu brauchen Sie lediglich zwei Wandschienen, die Sie im passenden Abstand zueinander (und natürlich in exakt gleicher Höhe) an die Wand schrauben, zwei Regalträger zum Einhängen (40 cm oder 50 cm) und ein stabiles Regalbrett in der benötigten Breite mit einer Tiefe von 40 oder 50 cm.
Die dafür benötigten Teile finden Sie in jedem Baumarkt (siehe hier). Inklusive des passenden Regalbretts dürften Sie zwischen 20 und 25 Euro landen – eine günstige Alternative zum klassischen Stehpult.
Der Vorteil der Höhenverstellung ist, dass Sie das Brett auch vorübergehend tiefer einhängen können, wenn Sie an demselben Arbeitsplatz zwischendurch mal im Sitzen arbeiten wollen.
3. Der Stehtisch
Da ich persönlich lieber mit meiner mechanischen Tastatur und einem großen Monitor, als an einem Laptop schreibe, habe ich mir selbst einen Stehtisch gebaut.
Dafür habe ich auf eine halbhohe Billy-Kommode (107 cm) ein massives Brett mit 80 Zentimeter Tiefe montiert, auf dem meine Tastatur liegt – für mich mit meinen 1,90 Metern eine optimale Arbeitshöhe. Durch die 80 cm Tiefe ist ein ausreichender Abstand vom Monitor gewährleistet.
Natürlich würde es bei einem solchen Stehtisch keinen Sinn machen, den Monitor wie sonst üblich hinter die Tastatur zu stellen – schließlich könnte ich so keine gerade Haltung bewahren, sondern müsste ständig mit gesenktem Kopf nach unten auf den Monitor schauen.
Darum habe ich meinen Monitor auf einen Ständer postiert, den ich mir, wie man auf dem Foto gut erkennen kann, ganz pragmatisch aus einer alten Kommoden-Schublade gebastelt habe. Das Innere der Schublade dient jetzt als Miniatur-Bücherregal für meine Fachliteratur und ich habe meinen Monitor direkt in Augenhöhe vor mir.
Zusätzlich verwende ich bei der Arbeit mit Scrivener oder mit FocusWriter den sogenannten „Schreibmaschinenmodus“, bei dem die Zeile mit dem Cursor immer auf mittlerer Bildschirmhöhe ausgerichtet wird. Auf diese Weise kann ich beim Schreiben absolut gerade auf den Monitor sehen.
Anfangs erfordert es eine gewisse Umgewöhnung, im Stehen zu schreiben, doch letztendlich gewöhnt man sich relativ schnell daran.
Auch ich nutze meinen Steh-Arbeitsplatz nicht immer. Wenn ich recherchiere oder plane, arbeite ich lieber an meinem großen PC im Sitzen. Aber wenn ich konzentriert und fokussiert schreiben will, gehe ich an meinen Steh-Arbeitsplatz.
Damit dieser jederzeit schnell einsatzbereit ist, verwende ich hier statt eines klassischen Desktop-PCs einen Laptop. Dieser steht aufgeklappt auf dem Regal neben meinem Steharbeitsplatz (ist auf dem Foto am rechten Rand zu erkennen). Der externe Monitor und die mechanische Tastatur sind permanent angeschlossen.
Der Windows-10-Laptop hat den Vorteil, dass ich diesen durch einen kurzen Druck auf die Power-Taste innerhalb weniger Sekunden in den Energiesparmodus versetzen bzw. wieder aufwecken kann.
Im Stehen zu Schreiben hat übrigens noch einen weiteren Vorteil: Es macht es mir leichter, feste Grenzen zu setzen. Wenn ich im Stehen schreibe, merke ich früher oder später, dass meine Füße schmerzen. Das ist für mich das Signal, eine Pause einzulegen und sowohl meinem Körper als auch meinem Geist eine Ruhepause zu genehmigen.
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