Schreibsprints mit WriteMonkey

Gerade im NaNoWriMo ist es wichtig, innerhalb der knappen Zeit, die einem zum Schreiben zur Verfügung steht, möglichst gut voran zu kommen. Schließlich will man innerhalb von nur 30 Tagen ein komplettes Roman-Manuskript von mindestens 50.000 Wörtern in den Computer hämmern.

Ein probates Mittel, um einen gleichbleibend hohen Output zu erzielen, sind Schreibsprints. Dabei stellt man einen Timer auf eine bestimmte Zeit (beispielsweise 10 Minuten) und versucht dann, innerhalb dieser Zeit möglichst viel zu schreiben – mindestens jedoch eine bestimmte Anzahl von Wörtern.

Gerade während des NaNoWriMos sind Schreibsprints praktisch, um sicherzustellen, dass man tatsächlich so gut wie geplant vorankommt. Sagen wir, dass Sie Ihren NaNoWriMo-Roman recht gut vorgeplant haben und die Rohfassung mit mindestens 1.200 Wörtern pro Stunde runterreißen wollen, damit Sie in 90 Minuten pro Tag Ihr statistisches Tagessoll (50.000 Wörter / 30 Tage = 1.667 Wörter pro Tag) nicht nur erreichen, sondern sich sogar noch einen kleinen Puffer aufbauen.

Es ist wesentlich einfacher, über den Tag verteilt immer wieder mal zwischendurch 10 Minuten Zeit fürs Schreiben zu finden, als 90 Minuten am Stück freizuschaufeln. Wenn Sie die 1.200 Wörter pro Stunde also auf sechs Schreibsprints á 10 Minuten aufteilen, müssten Sie je Schreibsprint 200 Wörter schaffen.

Doch wie sehen Sie während des Schreibens, ob Sie gut im Plan liegen? Dies ging früher sehr gut mit dem Programm „Write Or Die“ von Dr. Wicked, doch während die erste Version zwei sich langsam füllende Balken für Wordcount und Zeit zeigte, an denen man jederzeit exakt ablesen konnte, ob man gut im Rennen liegt, wurde dieses nützliche Feature leider bei der ansonsten optisch aufgewerteten Version 2.0 weggelassen

Es gibt allerdings die Möglichkeit, das Schreibprogramm WriteMonkey so zu konfigurieren, dass es für Schreibsprints perfekt geeignet ist. Ich zeige Ihnen in diesem kurzen Tutorial, welche Einstellungen Sie vornehmen müssen, um WriteMonkey zum perfekten Tool für Schreibsprints zu machen.

Screenshot WriteMonkey

Aktivieren Sie in den Optionen im Reiter „Bildschirmelemente“ den grafischen Fortschrittsbalken. Wie breit dieser Balken dargestellt werden soll, können Sie direkt darunter einstellen.

Durch diese Option wird der Wordcount des aktuellen Dokuments nicht mehr nur als Zahl, sondern zusätzlich auch als Balken in Relation zur geplanten Länge des Dokuments angezeigt.

Vor dem Start eines neuen Schreibsprints drücken Sie in WriteMonkey F6 (= Segmentfokus aktivieren), um den bisher geschriebenen Text auszublenden. Egal, wie lang Ihr Manuskript bereits ist – der bisherige Text wird nun ausgeblendet und beim Wordcount nicht mehr mitgezählt. Sie beginnen also mit jedem neuen Schreibsprint wieder bei null.

Wenn Sie erneut F6 drücken, wird der Segmentfokus aufgehoben und das komplette Manuskript wieder eingeblendet. Es besteht also nicht die Gefahr, durch den Segmentfokus Daten zu verlieren – hierbei wird wirklich nur der zuvor geschriebene Text ausgeblendet.

Nachdem Sie mit F6 den Segmentfokus aktiviert haben (der Bildschirm ist also leer, der komplette Text ausgeblendet), drücken Sie F12 für die Textstatistiken.

Screenshot WriteMonkeyHier können Sie den Fortschrittszähler aktivieren (oberer roter Rahmen) und die Anzahl der Wörter festlegen, die Sie innerhalb des kommenden Schreibsprints schreiben wollen.

Im unteren Bereich „Schnellschreiben“ aktivieren Sie den Countdown-Zähler (Häkchen setzen, Zeit auf beispielsweise 10 Minuten einstellen).

Sobald Sie so weit sind, dass Sie mit dem Schreibsprint beginnen wollen, klicken Sie auf „Start“ und schließen das Fenster mit OK.

Screenshot WriteMonkeyWährend Sie nun konzentriert an Ihrem Manuskript schreiben, füllt sich langsam der Fortschrittsbalken am unteren Rand. Sobald Sie Ihr Soll (in unserem Beispiel 200 Wörter) erreicht haben, beginnt der Balken am linken Bildschirmrand von vorne – diesmal allerdings in Rot, um zu zeigen, dass Sie das Ziel nicht nur erreicht, sonderns sogar schon überschritten haben).

Die kleine Markierung über dem Fortschrittsbalken (siehe Pfeil) ist der Countdown-Uhrzeiger, der langsam in Richtung des rechten Bildschirmrands wandert. Erreicht der Zeiger den rechten Rand, ist die Zeit um.

Durch diesen kleinen Trick sehen Sie jederzeit auf einen Blick, wie Sie im Rennen liegen. Solange der Countdown-Uhrzeiger den Balken für den Wordcount nicht überholt, liegen Sie gut im Rennen. Hängt dieser Sie ab und wandert schneller nach rechts, als Ihr Wordcount-Fortschrittsbalken wächst, sind Sie zu langsam und müssen einen Zahn zulegen.

Nach Ende des Schreibsprints drücken Sie wieder F12 und klicken zum Abschluss auf den Button „Stop/Zurücksetzen“.

Um direkt nach Ablauf der Zeit den nächsten Schreibsprint zu starten, können Sie die Sache abkürzen: Falls Sie kein neues Manuskript begonnen hatten, sondern anfangs mit F6 Ihr bisheriges Manuskript ausgeblendet hatten, drücken Sie F6, um alles wieder einzublenden. Drücken Sie anschließend erneut F6, um den Segmentfokus wieder für den nächsten Schreibsprint zu aktivieren. Der Bildschirm müsste anschließend wieder leer sein und der Wordcount auf 0 stehen.

Drücken Sie F12 für die Textstatistiken, Stoppen Sie den Timer mit „Stop/Zurücksetzen“ und starten Sie ihn anschließend direkt wieder mit „Start“ neu. Verlassen Sie das Fenster mit „OK“ – und der nächste Schreibsprint beginnt sofort.

Probieren Sie es einfach einmal aus – es ist äußerst motivierend. Sie können diese Technik auch nutzen, um beispielsweise Anthony Trollope nachzueifern, der dafür bekannt war, während seiner morgendlichen Schreibsessions alle 15 Minuten 250 Wörter (also eine Seite) seines aktuellen Roman-Manuskripts zu schreiben. In diesem Sinne: Do the Trollope! ;-)


Schreiben wie Trollope

Kennen Sie Trollope? Anthony Trollope? Falls Sie jetzt angespannt überlegen, wo Sie diesen Namen schon einmal gehört haben: denken Sie ein ganzes Stück zurück – bis ins 19. Jahrhundert.

Anthony Trollope (1815-1882) war einer der bekanntesten und produktivsten Schrifsteller der viktorianischen Ära. Neben diversen anderen Werken schrieb Trollope fast fünfzig Romane – und zwar keine dünnen Büchlein, sondern richtig dicke Wälzer. So haben beispielsweise seine Romane „Die Türme von Barchester“ und „Die Claverings“ jeweils eine Länge von fast 900 Seiten.

Richtig bemerkenswert wird die enorme Produktivität Anthony Trollopes dadurch, dass er nicht etwa ein gut situierter Vollzeit-Schriftsteller war, sondern einen guten Teil seiner Werke neben seinem Job als Postbeamter schrieb.

Wenn man sich näher mit Trollopes Arbeitsweise und dem Geheimnis seiner enormen Produktivität beschäftigt, stellt man rasch fest, dass Trollope in Sachen Planung und Selbstkontrolle seiner Zeit weit voraus war.

Heute ist es ja durchaus in Mode, sich selbst Deadlines zu setzen, diese in ein Wochen- und Tagespensum herunter zu brechen und dann abzuarbeiten – hunderttausende Schriftsteller weltweit machen das jeden November, wenn sie an ihrem NaNoWriMo-Roman arbeiten und dabei täglich mindestens 1.667 Wörter schreiben, um innerhalb von 30 Tagen einen kompletten Roman von 50.000 Wörtern fertigzustellen.

Doch von Trollopes Disziplin und Planung können sich die meisten heutigen Schriftsteller eine Scheibe abschneiden. Trollope erlegte sich selbst feste Regeln auf, an die er sich eisern hielt, um aus den drei Stunden, die er sich jeden Morgen vor der Arbeit zum Schreiben reserviert hatte, das Maximum herauszuholen.

Trollope setzte sich nicht nur feste Ziele pro Woche und pro Tag, um seine Romane termingerecht bei seinem Verleger einreichen zu können, sondern brach seine Zeitvorgaben sogar bis auf eine Viertelstunde herunter: Während Trollope an einem seiner Romane schrieb, gewährte er sich selbst exakt 15 Minuten, um eine Seite zu schreiben. Auch den eher schwammigen Begriff der Seite hatte Trollope für sich selbst präzise definiert: exakt 250 Wörter, die er gedanklich im Hintergrund mitzählte, während er schrieb.

Wenn es also jemals einen Schriftsteller gab, auf den die Beschreibung „präzise wie ein Schweizer Uhrwerk“ passt, war es Anthony Trollope.

Heutzutage haben wir es einfacher als Trollope: Statt mit schwergängigen mechanischen Schreibmaschinen arbeiten zu müssen, haben wir Computer, an denen man nicht nur schneller und ermüdungsfreier schreiben kann, sondern durch die die Korrektur von Fehlern zum Kinderspiel geworden ist. Und da jedes bessere Schreibprogramm stets den aktuellen Wordcount in der Statuszeile anzeigt, müssen wir auch nicht mehr wie Trollope selbst die geschriebenen Wörter zählen, um zu wissen, wann wir unsere 250 Wörter voll haben.

Was läge also näher, als beim Schreiben der nächsten Rohfassung die Herausforderung von Anthony Trollope anzunehmen und sich ebenso wie der Altmeister 250 Wörter pro Viertelstunde abzuverlangen?

Von der reinen Schreibgeschwindigkeit her ist dies überhaupt kein Problem: 250 Wörter in 15 Minuten entsprechen gerade mal 17 Wörtern pro Minute – geübte Vielschreiber kommen locker auf über 50 Wörter pro Minute, wenn es gerade gut läuft.

Es ist natürlich klar, dass Trollope bei dieser Arbeitsweise nicht zwischendurch längere Pausen einlegen konnte, um sich zu überlegen, wie seine Handlung weiter verlaufen sollte. Nach eigener Aussage (aus Trollopes Autobiographie, die nach seinem Tod veröffentlicht wurde), hielt er nichts davon, „rumzusitzen, an seinem Stift zu knabbern und die Wand anzustarren, bis man die Wörter gefunden hat, mit denen man seine Ideen ausdrücken möchte“.

Ganz klar: Trollope verstand es, seinen inneren Lektor zum Schweigen zu bringen und sich voll und ganz aufs Schreiben zu konzentrieren.

Ich würde vermuten, dass Anthony Trollope dieses Schreibtempo nicht den ganzen Tag lang hätte durchhalten können – ganz zu schweigen davon, dass das stundenlange Schreiben an einer mechanischen Schreibmaschine eine auch körperlich recht ermüdende Tätigkeit ist.

Ich gehe davon aus, dass Trollope tagsüber immer wieder in Gedanken durchspielte, wie die Handlung seines aktuellen Romans weiter gehen sollte, bis er die nächsten Szenen so detailliert vor seinem geistigen Auge ablaufen lassen konnte, dass er sich am nächsten Morgen einfach hinsetzen und sie zu Papier bringen konnte – eine komplette Seite alle 15 Minuten.

An Trollopes Schreibgewohnheiten kann man recht gut ablesen, dass die Arbeitszeiten eines britischen Postbeamten der viktorianischen Ära nicht mit denen eines heutigen Bürojobs zu vergleichen waren. Trollope schrieb jeden Morgen von 5:30 bis 8:30 Uhr, bevor er frühstückte und zur Arbeit ging. Die wenigsten von uns haben derartige Arbeitszeiten, die im amerikanischen Sprachraum gerne als „nine to five“ bezeichnet werden. Allein schon deswegen dürfte kaum jemand von uns in der Lage sein, vor der Arbeit noch drei Stunden zu schreiben. Doch das ist auch gar nicht erforderlich.

Wenn man nicht gerade George R.R. Martin oder Patrick Rothfuss heißt (die nicht nur hinsichtlich ihrer wallenden Bärte, sondern auch hinsichtlich des Umfangs ihrer Romane mit Trollope mithalten können), sind heutzutage eher kürzere Bücher im Bereich von 300-400 Seiten in Mode. Im Krimi-Genre bewegen sich viele aktuelle Bestseller sogar nur um die 200-Seiten-Marke, also im Umfang eines typischen NaNoWriMo-Romans.

Wenn Sie täglich nur eine einzige Stunde einplanen können, während der Sie mit Trollopes Geschwindigkeitsvorgabe von 250 Wörtern je Viertelstunde an Ihrem aktuellen Manuskript schreiben, reicht das bereits aus, um innerhalb eines Jahres ca. 1.500 Seiten zu schreiben.

Das entspräche wahlweise:

  • 6 Romanen á 240 Seiten (typischer Umfang für einen Krimi) – also einem neuen Buch alle zwei Monate
  • 4 Romanen á 360 Seiten (längere Krimis oder Mainstream-Titel) – also einem neuen Roman pro Quartal
  • 3 Romanen á 500 Seiten (typischer Umfang für Fantasy-Romane) – immerhin alle vier Monate ein neues Buch, also eine komplette Trilogie innerhalb eines Jahres
  • 2 Romanen á 750 Seiten (Kategorie „Epos“ – alles drüber lässt sich kaum noch in einem Band als gedrucktes Buch veröffentlichen) – und selbst hier kommen Sie immer noch auf zwei Bücher pro Jahr

Es ist natürlich klar, dass man bei dieser Schreibgeschwindigkeit nur von einer Rohfassung reden kann, keinesfalls von einem veröffentlichungsreifen Manuskript. Rechnen wir also nochmal dieselbe Zeit für die Überarbeitung Ihres Manuskripts dazu.

Dies könnten Sie entweder abends (statt einer langweiligen Fernsehsendung) oder in einem Block am Wochenende erledigen. Samstag und Sonntag jeweils drei bis vier Stunden Revision – und schon sind Sie wieder gleichauf.

Wenn Sie es nun noch schaffen, sich tagsüber (z.B. während der Fahrt zur Arbeit und ansonsten ungenutzer Wartezeiten) genügend Gedanken über Ihre Romanhandlung zu machen, damit Sie zumindest den Inhalt der nächsten vier Seiten glasklar vor sich sehen, steht einer produktiven Schriftstellerkarriere nichts mehr im Weg, die Altmeister Trollope stolz machen würde.

Vielleicht wollen Sie es ja auch einmal versuchen: „Do the Trollope!“ ;-)


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