Ich weiß ja nicht, wie es bei Ihnen ist, aber bei den meisten Schriftstellern ist die Zeit zum Schreiben am PC ein knappes und wertvolles Gut und damit das Nadelöhr, das bestimmt, wie gut wir mit unseren Schreibprojekten vorankommen. Wenn man am PC sitzt, arbeitet man meist an seinem Hauptprojekt; alles andere wird auf irgendwann später verschoben.
Doch es gibt gerade in der heutigen Zeit noch eine sinnvolle Alternative: ein „Smartphone-Projekt“, an dem Sie parallel zu Ihrem ’normalen‘ Buchprojekt arbeiten.
Vermutlich fragen Sie sich jetzt, was denn ein „Smartphone-Projekt“ sein soll. Ganz einfach: Die Zeit am heimischen PC ist wie bereits anfangs erwähnt knapp – vielleicht morgens eine Stunde vor der Arbeit und etwas länger am Wochenende.
Sich in dieser ohnehin knappen Zeit zu verzetteln und zu versuchen, parallel an mehreren unterschiedlichen Projekten zu arbeiten, wäre kontraproduktiv. Lieber erst ein Projekt abschließen und sich erst danach mit voller Konzentration dem nächsten Projekt widmen.
Doch wenn wir unseren Tagesablauf genauer unter die Lupe nehmen, gibt es durchaus noch zeitliche Reserven, die wir bisher weitgehend ungenutzt verstreichen lassen. Zeiten, in denen wir durchaus etwas schreiben könnten – nur eben nicht am PC. Und da kommt das bereits erwähnte „Smartphone-Projekt“ ins Spiel.
Es ist eine unbestreitbare Tatsache: Smartphones sind auf dem Vormarsch. Die meisten von uns besitzen bereits eines, egal ob es sich um ein Android-Phone, ein iPhone oder ein Windows-Phone handelt. Sie alle haben eines gemeinsam: unsere Smartphones sind äußerst leistungsfähige kleine Computer, die wir über die Apps, die wir installieren, maßgeschneidert an unsere eigenen Bedürfnisse anpassen können.
Doch während die meisten Menschen ihr Smartphone nur bei jeder passenden oder unpassenden Gelegenheit zücken, um ihre Mails zu checken, ziellos bei Facebook oder Twitter zu surfen, Selfies oder Fotos ihres Essens zu posten oder simple Casual-Games zu spielen, können Schriftsteller ihre Smartphones wesentlich produktiver nutzen – nämlich zum Schreiben von Blogposts, Kurzgeschichten oder sogar ganzen Romanen.
Das Prinzip des „Smartphone-Projekts“ beruht darauf, dass Sie mit Ihrem Smartphone ansonsten ungenutzte Zeiten dazu nutzen können, um an anderen Schreibprojekten als Ihrem Hauptprojekt zu arbeiten. Das können Blogposts für Ihr Autorenblog sein, Kurzgeschichten oder sogar ein Roman. Falls Sie bei dem Gedanken schaudern, auf einem vergleichsweise winzigen Gerät wie einem Smartphone längere Texte als eine WhatsApp-Nachricht oder eine kurze Mail zu schreiben – keine Sorge. Das geht, und sogar recht komfortabel.
Prinzipiell kann man dafür so ziemlich jedes Smartphone nutzen, wenngleich die Auswahl der zur Verfügung stehenden Apps je nach Betriebssystem ziemlich unterschiedlich (und unter Windows zugegebenermaßen recht mager) ist. Ich selbst bin bekennender Android-Fan, weshalb sich die konkreten App-Empfehlungen in diesem Artikel auch auf Android konzentrieren. Manche der empfohlenen Apps gibt es auch für iOS und Windows, in anderen Fällen muss man sich selbst eine passende Alternative suchen.
Tipps zur Smartphone-Auswahl
Wenn man sein Smartphone fürs Schreiben nutzen will, sollte man lediglich auf eine vernünftige Bildschirmdiagonale und Bildschirmauflösung achten. Optimal sind meiner Erfahrung nach Smartphones mit einer Diagonale von 5″ und einer Bildschirmauflösung von 1280×720 Punkten. Größer ist natürlich schön, aber nicht erforderlich – nur kleiner als 4,5 Zoll sollte der Smartphone-Bildschirm nicht sein. Wer schon mal versucht hat, auf einem 4″-Smartphone im Hochformat über die Bildschirmtastatur einen längeren Text einzugeben, weiß, was ich meine. Da braucht man schon sehr schlanke und zierliche Finger, um zumindest meistens die richtigen Buchstaben zu erwischen.
Ein fürs Schreiben geeignetes Smartphone muss übrigens gar nicht teuer sein. Man braucht dafür kein nobles High-End-Smartphone für über 600 Euro, sondern lediglich ein solides Mittelklassegerät wie beispielsweise das Honor Holly für knapp 120 €, das ich selbst seit Ende Februar benutze und mit dem ich äußerst zufrieden bin: 5″ Display, 1280×720 Bildschirmauflösung, ein schneller Quad-Core-Prozessor, Dual SIM, 16GB Speicher und Android 4.4. Passt – mehr braucht man nicht zum Schreiben. Ebenfalls empfehlenswert sind die Handys des französischen Herstellers Wiko wie das Wiko Rainbow, das mit ähnlichen Leistungsdaten überzeugen kann, aber unterm Strich etwas teurer als das noch etwas besser ausgestattete Honor Holly ist.
Man muss übrigens nicht befürchten, dass man sich mit einem 5″-Gerät einen klobigen Klotz zulegt, der nicht mehr gut in der Hand liegt. Meine Frau hat sehr kleine und zierliche Hände und verwendet schon seit anderthalb Jahren ein 5″-Smartphone. Auch sie könnte sich nicht mehr vorstellen, nochmal auf ein kleineres Gerät zurück zu wechseln.
Aber genug von der Hardware – zurück zum eigentlichen Schreiben… ;-)
Warum sollte man unterwegs am Smartphone schreiben?
Am Smartphone zu schreiben hat eine ganze Reihe von Vorteilen:
- Das Smartphone hat man im Gegensatz zu Laptop, Netbook oder Tablet quasi immer und überall dabei. Man kann also jede Gelegenheit spontan nutzen, um ein paar Wörter oder Sätze an seinem aktuellen Smartphone-Projekt weiter zu schreiben – egal ob in der Frühstückspause im Büro, im Wartezimmer beim Zahnarzt, während man darauf wartet, dass sich alle zum Essen am Tisch einfinden oder während der Werbepause im Fernsehprogramm.
- Das Smartphone ist immer einsatzbereit. Im Gegensatz zum PC oder Laptop, den man erst hochfahren muss, braucht man sein Smartphone nur zu entsperren und auf die bereits geöffnete Schreib-App umzuschalten – und schon kann man loslegen.
- Da die Leute gewohnt sind, dass jeder bei jeder Gelegenheit mit seinem Smartphone herumspielt, stellt einem niemand neugierige Fragen, wenn man an seinem Smartphone schreibt. Das ist ideal, wenn man im Büro die Frühstücks- oder Mittagspause zum Schreiben nutzen möchte. Am Büro-PC könnte einem jeder über die Schulter schauen und wenn man in der Pause seinen privaten Laptop auspackt, sind neugierige Fragen vorprogrammiert. Was Sie jedoch an Ihrem Smartphone machen, interessiert erfahrungsgemäß niemanden – Sie werden höchstens als Technik-Freak belächelt, der jede freie Minute mit seinem Smartphone herumspielt.
Die besten Apps fürs mobile Schreiben
Fürs eigentliche Schreiben kann ich Ihnen die App JotterPad empfehlen. Sie können damit Texte lokal auf Ihrem Smartphone bearbeiten oder diese direkt in Ihrer Dropbox speichern. JotterPad hat alles, was man zum Schreiben braucht wie eine Wordcount-Funktion und eine sehr gute Markdown-Unterstützung (inklusive Export als RTF-Datei). Alles, was man in JotterPad geschrieben hat, wird beim Verlassen des Programms automatisch gespeichert.
Alternativ können Sie natürlich auch die beliebte Notizenverwaltung Evernote zum Schreiben nutzen. Da alle Evernote-Daten automatisch zwischen Ihren unterschiedlichen Rechnern synchronisiert werden, finden Sie alles, was Sie unterwegs in Evernote geschrieben haben, im entsprechenden Notizbuch auf Ihrem PC wieder, ohne dass Sie die Texte von Hand übertragen müssten.
Schreiben am Smartphone ist produktiver, als die meisten Leute denken. Natürlich können Sie an Ihrem Smartphone nicht annähernd so schnell tippen wie an einem PC mit einer vollwertigen Schreibmaschinentastatur, aber das ist auch gar nicht erforderlich. Mit der Bildschirmtastatur des Smartphones kommen Sie mit etwas Übung locker auf 20 Wörter pro Minute – besonders, wenn Sie eine moderne Bildschirmtastatur mit Wischeingabe wie Swype, Swiftkey oder die aktuelle Google-Tastatur verwenden. Auch damit könnten Sie also theoretisch auf über 1.000 Wörter in der Stunde kommen.
Aber in der Praxis geht es gar nicht so sehr darum, neue Geschwindigkeitsrekorde beim Schreiben aufzustellen, sondern darum, eigentlich wunderbar fürs Schreiben nutzbare Zeiten nicht einfach ungenutzt verstreichen zu lassen, nur weil gerade kein PC oder Laptop zum Schreiben verfügbar ist.
Fazit: die Vorteile eines ‚Smartphone-Projekts‘
Wenn Sie sich erst einmal angewöhnen, während ansonsten unnützer Wartezeiten rasch zum Smartphone zu greifen und ein paar Wörter oder Sätze zu Papier zu bringen, hat dies gleich zwei positive Auswirkungen:
- Innerhalb weniger Wochen entwickeln Sie einen Blick für solche kleinen, aber feinen Zeitfenster. Sie lernen einzuschätzen, wie viele Minuten Sie wohl zur Verfügung haben, und nutzen diese dann entweder zum Nachdenken über Ihr Schreibprojekt oder zum Schreiben. Haben Sie mindestens 3-5 Minuten am Stück, lohnt es sich definitiv, das Smartphone rauszuholen. Selbst wenn es nur 1-2 Sätze sind, die Sie zu Papier bringen, sind das immer noch 1-2 Sätze mehr, als Sie sonst hätten.
- Dadurch, dass Sie über den Tag verteilt immer wieder ein klein wenig an Ihrem Smartphone-Schreibprojekt arbeiten, bleibt es permanent im Fokus Ihres Unterbewusstseins. Spätestens nach ein paar Tagen merken Sie, dass Ihr Unterbewusstsein Ihnen über den Tag verteilt so viele neue Ideen eingibt, dass Sie jede sich bietende Gelegenheit zum Schreiben nutzen können, ohne dass Ihnen der Stoff ausgeht.
Auch wenn Sie anfangs vielleicht das Gefühl haben, am Smartphone kaum voran zu kommen, täuscht das in den allermeisten Fällen. Viele ‚Wenigs‘ ergeben zusammen bekanntlich ein ‚Viel‘: Selbst wenn Sie im Schnitt nur 250 Wörter pro Tag schreiben, ergibt das aufs Jahr gerechnet die Rohfassung eines kompletten Romans – oder 52 Blogposts á 800 Wörter + 10 Kurzgeschichten á 5.000 Wörter.
Und wäre es nicht schön, wenn Sie sich in Ihrer knappen Schreibzeit zuhause z. B. voll und ganz auf Ihr aktuelles Romanprojekt konzentrieren könnten, während die wöchentlichen Blogposts für Ihr Autorenblog und die Kurzgeschichten, die Sie auch noch gerne schreiben möchten, quasi nebenbei entstehen?
Probieren Sie es doch einfach selbst einmal ein paar Wochen lang aus und ziehen Sie anschließend Bilanz, was Sie in dieser Zeit so ganz nebenbei an neuen Texten aus dem Ärmel schütteln konnten. Vielleicht können auch Sie sich danach nicht mehr vorstellen, auf ein Smartphone-Projekt zu verzichten.